Zufluchtsort (Auszug)
Lydia Steinbacher
Alles Winzigkeiten, die moderne Welt passte in Fingerhüte. Und doch gab es keine Fingerhüte mehr. Nach zehn Minuten Aufzeichnung hatte das Lesegerät sich automatisch abgeschaltet, da war die Mutter meist schon eingeschlafen. So klein, man spürt gar nichts. Die verschriftlichten Gedankensequenzen des Thought Reader wurden automatisch ans Labor geschickt. (...)
Die Entscheidung, das Grundstück zu verkaufen, war Cella schwergefallen, aber allein hatte sie keinen Willen weiterzukämpfen. Zu viele fremde, drängende Menschen, die verbargen, dass an einer Stelle ein Mensch fehlte. Die Ablöse war hoch, das Grundstück wertvoll. Schon seit Jahren wurden allerorts Einfamilienhäuser abgerissen und der aufgebrochene Boden landwirtschaftlich nutzbar gemacht. Der Nachbar mit den großen Maisfeldern, der jetzt auf Feigen umsatteln wollte, hatte ein leises Na endlich gemurmelt, als in den frühen Morgenstunden der Bagger vorgefahren war. Nur diese eine unheimliche Maschine war angerückt, Cella hatte sich das anders vorgestellt, hatte an eine Sprengung gedacht. So bekam das Ganze etwas Grausames, die langsame Zerlegung. Zuerst räumte die riesige Zange ein paar Reihen Dachziegel ab, dann brach sie durch die stirnseitige Mauer. Später kam noch ein großer LKW für die Trümmerbeseitigung vorgefahren.
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